Wie mir Depressionen das Leben retteten
Manchmal ziehen dunkle Wolken am Gefühlshorizont auf. Ich denke, fast jeder von uns kennt das. Doch manchmal ist es eben nicht nur ein Stimmungstief, sondern bei manchen Menschen eine ernstzunehmende Krankheit.
In Deutschland gibt es zurzeit laut Aussagen der AOK-Bv etwa 5,3 Millionen Menschen, die an Depressionen leiden. Davon sind 11,3% der Frauen und 5,1% der Männer betroffen. In Deutschland sterben jedes Jahr mehr Menschen an Suizid als an Drogen, Verkehrsunfällen und HIV zusammen. Tendenziell steigt dieser Wert jedes Jahr und die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch um einiges höher.
Vor allem immer mehr junge Erwachsene leiden unter dieser Krankheit, was einem wirklich zu denken gibt. Gerade junge Leute sollten doch voller Freude und Energie stecken. Viele wissen auch gar nicht wirklich was dahinter steckt und für viele sind Depressionen das bildliche Ende. Doch das muss es nicht sein, ganz und gar nicht.
Dass die Diagnose „Depressionen“ auch was gutes mit sich bringen kann, möchte ich euch heute nahe bringen.
Regenzeit
Es ist nun einige Jahre her, als ich die Diagnose „Depression“ bekam. Seitdem war es ein Auf und Ab, was mir aber auch sehr geholfen hat.
Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern, als ich weinend auf meinem Bett saß und nicht wusste, was mit mir passiert.
Ich habe aus dem Fenster geschaut – die Sonne schien wahnsinnig stark. Aber in mir drin war es ganz dunkel, so viel Regen in mir drin, dass ich dachte, ich ertrinke.
„Das kann schon mal vorkommen“, dachte ich mir. Aber dass sich die nächsten Monate ganz genau so weiter gestalten, das hätte ich nicht für möglich gehalten.
Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Jeder Tag dasselbe.
Wenn ich meiner Familie oder mit meinen Freunden zusammen war, konnte ich das alles ziemlich gut verstecken, so dass es niemandem aufgefallen ist. Doch sobald ich für mich allein war, fing die Trauer an. Ich habe mich gefühlt wie in einem dunklen Tunnel, aus dem ich nie mehr rauskomme. Auch ein Lichtblick war nicht zu sehen.
Nach einiger Zeit konnte ich es aber nicht mehr unterdrücken und meine Familie merkte langsam, dass etwas nicht stimmte. Aber reden wollte ich erstmal trotzdem nicht. Worüber auch? Ich hatte ja nicht mal selbst eine Antwort auf das warum, wieso und weshalb.
Is this just fantasy?
Das alles konnte doch nicht echt sein. So ging es also weiter, ich kapselte mich ab. Von meinen Freunden, von meiner Familie. Gefühlt wurde jeder Tag dunkler – bis ich kaum noch etwas sah.
Nichts hatte mir mehr Spaß gemacht, zur Schule ging ich auch nicht mehr und den Aufbau einer vernünftigen Tagesstruktur hatte ich schon längst vergessen.
Was mir langsam für Gedanken durch den Kopf gingen, kann sich sicher jeder von euch denken. Sie wurden immer lauter und kamen immer näher. Bis sie einen Tag vor meinem Geburtstag real wurden. Es war der grauste Tag in meinem Leben – gleichzeitig aber auch der hellste. Das war der Tag, an dem ich Hilfe bekam, die ich nicht eingefordert hatte.
Meinen Geburtstag verbrachte ich also in einer Klinik, in einer Umgebung, die mir total fremd war und mir Angst machte. Es vergingen Tage, etliche Gespräche fanden statt und viele Tränen wurden vergossen. Und dann bekam ich meine Diagnose: Depression.
Diagnose: Depression
Klar hatte ich davon schon etwas gehört, aber was das genau war? Das wusste ich nicht. Aber was ich wusste, war, dass es mir besser gehen wird, dass diese Diagnose mir mein Leben rettete.
Es vergingen viele Wochen, sogar Monate in dieser Klinik, in der ich wahnsinnig viel über diese Krankheit und mich selbst gelernt habe. Es war eine sehr harte Zeit für mich, aber eine Zeit, die mich bis heute prägt. Für mich war es mein Neuanfang und mit das schönste Gefühl, was man überhaupt fühlen kann.
Ich habe endlich wieder etwas gefühlt. Ich habe mein Lachen und meine Stimme wieder gefunden. Das ich das jemals wieder hinbekomme, hätte ich damals nie gedacht.
Stand up!
Daher möchte ich Mut aussprechen. Depressionen sind nicht das Ende. Sie können der Anfang von etwas Neuem sein, etwas was einen wachsen lässt und stärker macht.
Wenn es dir also nicht gut geht und du keinen Sinn mehr siehst, frag nach Hilfe. Selbst wenn es der beste Freund ist, den du drum bittest, die Tante oder dein Mathe-Lehrer. Fordere Hilfe ein. Keiner von denen wird sie ablehnen oder dich verurteilen. Und sei dir sicher, nach jedem Regen kommt ein Sonnenschein. Das Zitat mag zwar kitschig sein, aber es ist wahr.
In meinem Fall hätte ich mir damals gewünscht mehr über das Thema Depressionen aufgeklärt gewesen zu sein. Ich denke, das hätte mir geholfen zu wissen, was mit mir ist und wie ich damit umgehen kann. Daher wünsche ich mir, dass man früh genug oder überhaupt über psychische Krankheiten aufgeklärt wird und deutlich gemacht wird, dass es dafür Hilfe gibt und jeder diese Hilfe in Anspruch nehmen kann.
Denn jeder von uns kann an Depressionen leiden, dafür muss es nicht immer einen Grund geben.
Solltest du oder jemand den du kennst betroffen sein, kannst du dich über diese Seite informieren: https://www.deutsche-depressionshilfe.de
Dort findest du alles von einem Info-Telefon, über Ratschläge, Ursachen, Infos für Angehörige, Klinikadressen und vieles mehr.
Schau nicht weg. Gib dir selbst Zeit. Gib anderen Zeit. Das Lächeln wird zurück kommen. Selbst wenn du dir so sicher bist, dass es nicht zurück kommt. Doch. Wird es.
Es wird die Zeit kommen, an dem du wieder machen kannst, woran du mal Spaß hattest, wo du deine Freunde oder Familie triffst, wo du wieder tanzen kannst und wo du wieder Freude am Leben hast. Vertrau mir, vertrau vor allem dir!
Quellen:
AOK-Bv:https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/2018/07_faktenblatt_depressionen.pdf
Bilder:
https://unsplash.com/photos/rosjHf7xKH4
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