Scheitern, Chance oder Sackgasse?

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Vorwort: Einige von euch hatten bestimmt schon einmal eine spannende Geschäftsidee, die aber relativ schnell wieder in Vergessenheit geraten ist.
Die Gründe dafür können divers sein. Mangelnde Fachkenntnis, kein ausreichendes Startkapital oder nach mehreren Überlegungen klang es dann doch nicht mehr so einwandfrei wie zunächst angenommen.
Bei einigen wird aber garantiert auch die Frage aufgekommen sein, was passieren würde, wenn die eigene Idee scheitern sollte?
„Würde ich dann am finanziellen Abgrund stehen? Wie sehen andere das und habe ich danach überhaupt noch berufliche Perspektiven?“

Und damit seid ihr nicht alleine. Laut einer Studie des Global Entrepreneurship Monitor, aus den Jahren 2017/2018, entscheiden sich 40% aller potentiellen Gründer dazu, nicht zu gründen. Grund ist die Angst zu scheitern.
Aber ist diese Angst berechtigt?
„People think failing is the end of the road, but actually its the start“ – Neil Patel, Unternehmer und Online Marketing Guru.
Er beschreibt das Scheitern eher als eine Notwendigkeit, eine wichtige Lektion, die einem unvermeidlicherweise auf dem Weg zum Erfolg entgegentreten wird.
Leider ist in Deutschland das Scheitern immer noch zu einem großen Teil verpönt und stigmatisiert automatisch auch den Misserfolg. Denn Erfolg und scheitern passt nicht zusammen, oder?
Zunächst muss man festhalten, dass jedes Unternehmen scheitern kann. Ganz egal welche Größe, welches Startkapital oder wie auch immer. Das Potential zum Misserfolg ist immer gegeben.
Doch man kann durchaus Erfolg und scheitern simultan in einem Satz benutzen. Denn das eine funktioniert ohne einen gewissen Lernprozess nur in den wenigsten Fällen.

Dazu ein Zitat von Max Levchin aus einem Konferenzbeitrag: „Mein erstes Unternehmen scheiterte mit einem Riesenknall. Beim zweiten war es weniger schlimm, aber das Unternehmen ging trotzdem pleite. Die dritte Pleite war irgendwie okay, ich habe mich schnell erholt. Das vierte Unternehmen wäre beinahe nicht gescheitert. Es lief nicht toll aber ganz okay. Nummer fünf war PayPal.“ Gewinn von PayPal im ersten Quartal 2022: ~509 Millionen US-Dollar. Noch Fragen?
Natürlich ist das jetzt ein sehr hochgestochenes Beispiel und impliziert nicht automatisch den Erfolg beim Gründen. Trotzdem gibt es Aufschluss darüber, wie mit dem Scheitern in verschiedenen Regionen der Welt umgegangen wird.
Deutschland ist leider immer noch eine Kultur des Scheiterns. Die Deutschen sind sicherheits- und erfolgsorientiert. Wie bereits erwähnt hält die Angst vor dem Scheitern rund 40% davon ab überhaupt den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, oder etwas Neues auszuprobieren. Der Respekt vor negativen Konsequenzen ist in Deutschland schlichtweg zu groß.
Zu viel Angst bzw. Respekt vor etwas führt aber unweigerlich zu einem Stillstand.
Wenn diesem Stillstand keine Stirn geboten wird, resultiert dies irgendwann in einen nicht mehr aufzuholenden Abstand zu anderen Nationen dieser Welt. In Amerika, beispielsweise, ist das Scheitern ein wichtiger Bestandteil, wenn es darum geht in etwas besonders gut zu sein.

Nur aus Fehlern lernt man und vermeidet sie beim nächsten Mal. Niemand kommt allwissend auf die Welt und niemand kann dies nur auf Grund von theoretischer Literatur nachholen. Was fehlt, ist die Praxis. Diese wird von unplanbaren Faktoren beeinflusst. Man erlebt diese Faktoren aber nur wenn man es selber ausprobiert.
Erfolg ist ein Prozess aus probieren, scheitern und aus Fehlern lernen.
Doch wie kann das Scheitern in unserer Gesellschaft von der Sackgasse zur Schnellstraße umgebaut werden?
Glücklicherweise lässt sich vorab sagen, dass eine positivere Einstellung zum Thema Scheitern zu erkennen ist, je jünger die Gesellschaftsschichten sind. Die jüngeren Generationen scheinen zunehmend mehr Verständnis für das Scheitern zu haben und
wagen wieder mehr.
Aber das alleine reicht nicht. Es bedarf einer erhöhten Förderung, eine Schaffung früherer Kontaktpunkte mit dem Scheitern. Auch schon in der Schule.
Überlegt mal selbst, wir werden in der Schule darauf gedrillt bloße Theorie in uns reinzupumpen, dann bei Bedarf auszuschütten und im Falle vom Nichtbestehen oder Scheitern bekommen wir das Gefühl etwas nicht geschafft zu haben und  hinterherzuhinken weil andere besser waren oder einfach nur mehr in sich reingepumpt haben.

An dieser Stelle sollten lieber positive Erkenntnisse gewonnen werden. Wenn wir also auch im Alltag das Scheitern und Ausprobieren als Prozess sehen und nicht als Endstation, so wagen wir wieder mehr und können allgemeinen Defiziten entgegentreten.
Das betrifft nicht nur das wirtschaftliche. Auch im privaten sollten wir alle einen Schritt zurücktreten und Leute, die etwas ausprobieren und dann scheitern, nicht gleich als Verlierer betiteln. Diese Menschen haben nämlich einen entscheidenden Vorteil. Sie haben die Erfahrung gemacht und vermeiden den Fehler beim nächsten Mal. Andere werden diesen Fehler erst noch machen müssen.
Und wenn wir ihn machen, wollen wir auch nicht, dass jemand mit dem Finger auf uns zeigt oder uns gar die Chance zum Verbessern nimmt.

Letztendlich solltet ihr euch aber eine Frage stellen.
„Wenn heute der letzte Tag deines Lebens wäre, würdest Du dann auch das tun, was Du heute vorhast?“ Steve Jobs. ehem. Apple Inc. CEO.
Und damit ist nicht gemeint, alles auf den Kopf zu stellen und so schnell wie möglich alles zu machen, was man schon immer machen wollte.
Sondern in sich zu gehen, sich klare Ziele zu setzen und mit sich selber im Reinen zu sein.
Also lasst uns endlich wieder mehr wagen.

Quellen:
https://www.instagram.com/neilpatel
https://www.gemconsortium.or

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