Kreisklasse statt Kreisliga

Kreisklasse statt Kreisliga

Kreisliga, Phänomen und Mythos zugleich.

In diversen sozialen Medien wird die Kreisliga gefeiert wie kaum eine andere. Es gibt inzwischen unzählige Seiten, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben. Ausgestattet mit Fanshops und täglichen Beiträgen begeistern sie jeweils eine halbe Million Abonnenten.

Berichtet wird von jungen Männern, die nach jedem (Fußball-)Training ihre Trinkfestigkeit unter Beweis stellen, wie einst die Wikinger auf ihren Raubzügen.

Ebenfalls oft Thema ist die beliebte Kippe vor, während und nach dem Spiel, das Erscheinen zum Spiel im berauschten Zustand und die schiere Inkompetenz gepaart mit dem körperlichen Erscheinungsbild einzelner Spieler.

Was ich euch in dieser Blog-Reihe vermitteln möchte ist, dass dies zwar nicht alles gelogen, in dieser Form aber eher in der Kreisklasse zu finden ist.

In diesem Blog-Eintrag gehen wir auf die ein paar Spielertypen der Kreisklasse ein.

Der weiß doch nicht, wovon er redet – kurz zu mir

Um die Frage zu meiner Glaubwürdigkeit bzw. den Referenzen vorwegzunehmen, gehe ich jedoch kurz auf mich ein: Ich bin 22 Jahre alt und spiele Fußball, seitdem ich ca. 5 – 6 Jahre alt bin.

Nach einer 1 ½-jährigen Pause (meine Mannschaft hatte sich aufgelöst) stieg ich wieder in der A-Jugend ein, mit der wir dann in die Kreisliga aufstiegen. Nach einem Jahr ging es dann zunächst in die 2. Herren, bis ich zu meinen Freunden in die neu gegründete Hobbymannschaft (3. Herren) wechselte. Zu dieser kamen dann ein paar Kumpels hinzu und wir stiegen von der 5. Kreisklasse direkt in die 4. auf. Dadurch kamen in der Sommerpause noch ein paar talentiertere Spieler hinzu.

Wir gewannen in der 4. Kreisklasse jedes Spiel hoch und stiegen in Zuge dessen ungeschlagen in die 3. Kreisklasse auf. In diesem Jahr übernahm ich dann das Traineramt.

Kurzes Wort zum Sonntag

Vorweg muss noch gesagt werden, dass Folgendes natürlich im Grunde der Wahrheit entspricht, aber so, wie es beschrieben wird, ausschließlich der Unterhaltung dient (ich möchte in keinem Fall jemanden persönlich beleidigen oder angreifen). Weiter bezieht sich alles Angesprochene auf den Einzugskreis „Oldenburger Land“. Kommen wir nun aber zu den einzelnen Spielertypen der Kreisklasse.

Unsere Spielertypen

Erfahrungsgemäß kann ich sagen, dass man in der 3. bis 5. Kreisklasse so gut wie alle Spielertypen vorfindet. Vom frischen 18-Jährigen über den bereits ausgebrannten 23-Jährigen bis zum 60-jährigen Alt-Herrenspieler ist alles dabei.

Auch hier kann als Anekdote noch hinzugefügt werden, dass sich die körperliche Fitness der 60-Jährigen nicht so stark von den Männern in den Zwanzigern unterscheidet, wie es sicherlich eigentlich zu erwarten sein müsste.

Der gerne verwendete Satz „der Dicke geht ins Tor“ findet seinen Ursprung berechtigterweise wahrscheinlich wirklich in der Kreisliga. In der Kreisklasse besitzt dieser „Dicke“ meist mehr Ausdauer und technische Finesse als die meisten anderen Spieler.

Kommen wir zum „Trinker“ jeder Mannschaft. Wie aus dem Namen zu schließen ist, findet man ihn öfter an der Flasche als auf dem Spielfeld. Des Weiteren ist dieser Spielertyp am Tresen auch erheblich standfester als auf dem Fußballplatz (was nicht bedeutet, dass er nicht dennoch am Ende jeder Feier irgendwo liegend zu finden ist). Das Traurige an diesem Spielertyp ist, dass er nicht selten wirklich in höher angesiedelten Ligen spielen könnte, aufgrund des Trinkverhaltens aber aus diversen Kreisliga-Mannschaften verbannt wurde und daher glücklich torkelnd in der Kreisklasse wiederzufinden ist.

Apropos „könnte höher spielen“ … kommen wir zum Möchtegern. In vielen Mannschaften ist er vertreten, in wenigen gerne gesehen. Sich selbst hält er für einen der größten Spieler, die der Ort je gesehen hat. Nicht selten teilt er seinen Mitspielern mit, dass er ja eigentlich erheblich höher spielen könnte, aufgrund von Verletzungen oder der beruflichen Situation aber in der Kreisklasse gelandet ist. Natürlich kann dies auch der Fall sein, mir persönlich drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass die angesprochenen Verletzungen öfter von Fouls aus den eigenen Reihen herrühren.

Kommen wir zum „Faultier“. Selten da und wenn doch, trägt er nicht wirklich zur Intensität des Spiels oder Trainings bei. Muss eher überredet werden, zum Training zu gehen, anstatt vielleicht einfach zu schlafen. Hoch anrechnen kann man dem Faultier aber, dass er in der Regel ein angenehmer Zeitgenosse ist und daher auch überredet wird, zum Training zu kommen.

Als Funfact: der „Möchtegern“ und das „Faultier“ kommen in der Regel selten gut miteinander aus.

Besser kommen beide Parteien mit der „Quasselstrippe“ aus. In dieser Konstellation kann das Faultier einfach zuhören und muss selbst nicht viel reden (würde eh selten zu Wort kommen). Möchtegern und Quasselstrippe hingegen könnten fast als Dream Team bezeichnet werden. Da die Quasselstrippe selbst so viele … nennen wir sie mal „alternative Wahrheiten“ erzählt, kann sie selber kaum noch zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden und kauft dem Möchtegern somit alles ab, was dieser von sich erzählt. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden Spielertypen ist, dass die Quasselstrippe erheblich mehr Themen im Repertoire hat als der Möchtegern.

Gehen wir weiter zum „will, kann aber nicht“. Dieser traurige Zeitgenosse ist top motiviert. Er hat Bock, ist bei fast jedem Training oder Spiel anwesend. Das Wort „anwesend“ ist bei ihm nur leider bewusst gewählt. Man kann ihm nicht vorwerfen, dass er es nicht versucht … nur leider kann er halt einfach kein Fußball spielen.

Die Problematik an der Sache

Der „will, kann aber nicht“ ist dem Trainer oft ein Dorn im Auge. So leid es einem für ihn tut, weil er halt wirklich gerne möchte. Das Ding bei ihm ist halt, dass er die gerne vom Trainer verwendete Phrase „wer zum Training kommt, spielt auch“ aushebelt.

Mit dieser Phrase versucht der Trainer gerne den Trinker, das Faultier und Co. zum Training zu locken. Befindet man sich nun bei einem packenden, knappen Spiel und der Trainer brachte in einem unaufmerksamen Moment im Vorfeld diese Phrase, nimmt der „will, kann aber nicht“ die kompletten 90 Minuten Blickkontakt zum Trainer auf und wartet unermüdlich auf seine Einwechslung.

Nun stellt euch vor, ihr seid der Trainer: es steht Unentschieden, der Trinker verletzt sich aufgrund seines Pegels in der 75. Minute und es sitzen der „will, kann aber nicht“ (mit großen Augen da sein Moment, auf den er quasi sein Leben lang wartet, jetzt vielleicht kommt) und das Faultier auf der Bank. Nun hast du den „will, kann aber nicht“ auf der Bank und alle anderen Spieler mit Angst im Blick auf dem Feld, da du tatsächlich abwägst, den „will, kann aber nicht“ zu bringen.

Was machst du? Los!

Nachtrag

Da das Zeichenmaximum für diesen Blogeintrag schon überschritten ist, belasse ich es erst mal dabei. Eventuell folgt noch ein zweiter Teil mit den restlichen Spielertypen und dem Vergleich zur Kreisliga. Abschließend muss ich betonen, dass die Mannschaft mit all ihren verschiedenen Spielertypen chaotisch wirkt … der Schein trügt nicht, jedoch macht genau das dieses Team so sympathisch. Natürlich gibt es während eines Spiels auch mal Reibereien, da immer wer mehr investiert als andere. Am Ende kämpfen aber alle gemeinsam für den Sieg und ungeachtet des Ausgangs sitzen alle (von 18-60 Jahren) nach dem Spiel zusammen bei besagtem Bier und Kippe.

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