Die Wandlung des Wortes

Jeder kennt es, jeder macht es: Kürzel und Abkürzungen. Diese kann man im heutigen Alltag überall wiederfinden. Sowohl im textuellen Umfeld, als auch in gesprochener Sprache versucht man sich immer kürzer auszudrücken. Wieso machen wir das überhaupt und woher kommt dieses Phänomen, mehr Inhalt aus weniger Informationen zu ziehen?

Ein anderes Englisch

Ein Ursprung der verkürzten Sprache ist die Veränderung der englischen Sprache in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als der frühe Buch- und auch Zeitungsdruck Anklang fand, haben Unternehmen begonnen Zeitschriften, Zeitungen und auch Flyer in größeren Zahlen für die breite Gesellschaft zu drucken. Die Herren am langen Hebel haben aber natürlich auf jeden Cent geachtet. Sie mögen sich überlegt haben, wie sie alle notwendigen Informationen an den Verbraucher bringen und dabei noch Geld sparen können. Ein Gedanke der dabei auch in die Tat umgesetzt wurde und die heutige Amerikanisch-Englische Sprache prägt, ist etwa das Entfernen bestimmter Buchstaben. Das Erscheinungsbild und auch die Aussprache des Wortes werden dabei in nur kleinster Weise beeinträchtigt. Beispiele dafür sind etwa die Worte „colour“, „flavour“, „humour“ und „neighbour“, bei welchen im doppelten Vokal „ou“ einfach das „u“ weggelassen wird. Im Amerikanisch-Englischen also „color“, „flavor“, „humor“ und „neighbor“. Viele Menschen haben diese Praktik so übernommen und auch im Alltag angewandt, sodass sich über einige Dekaden die Sprache angepasst hat. Man denkt sich jetzt „Aber warum?“. Ich habe ja schon den finanziellen Aspekt erwähnt. Als noch jeder Buchstabe einzeln in die Druckmaschine eingesetzt wurde, musste man auch jeden einzelnen Buchstaben bezahlen. Wenn man folglich einfach einige Buchstaben weglassen kann, spart man bares Geld.

Die Sprache der Kürze

Eine weitere Kunst, die unsere heutige Sprache geprägt haben mag, ist die Stenographie. Stenographie ist im Grunde eine geschriebene Sprache der gesprochenen Wörter. Die Technik wurde schon vor der Geburt Christi erfunden und im Laufe der Jarhunderte immer weiterentwickelt. Das Schreiben mit den Buchstaben dieser Technik erlaubt es, gesprochene Sprache im normalen Sprachfluss mitzuschreiben und zu dokumentieren. Das Ganze funktioniert ganz gut dadurch, dass nicht jeder Buchstabe eines Wortes auch ein eigenes Zeichen bekommt. In manchen Arten der Stenographie werden etwa doppelte Konsonanten durch einfache Konsonanten ersetzt. Aus „Stamm“ wird also etwa „Stam“, aus „Henne“ wird „Hene“. Die Wörter sind also wiedererkennbar, aber eben kürzer. Eine andere Technik ist etwa auch das Abkürzen von Stammsilben. Stammsilben sind im herkömmlichen Sprachgebrauch die Silben, die in einem Wort den Sinn vermittelt. Hier wird beispielsweise aus „ziehen“ „ieh“ und aus „Frage“ „Fra“. Man versucht also, sämtlichen Sinn zu erfassen aber die Quelle der Information, also den geschriebenen Text, so kurz wie möglich zu halten.

Kurzgehalten heutzutage

Man mag hier schon sehen, dass ich mit diesen Beispielen auf die, manchmal auch übertriebene, Benutzung von Abkürzungen und Wortverkürzungen hinziele. Im Grunde genommen kürzt jeder Mensch seine Sprache in irgendeiner Form ab. Und wenn es nur ein „bspw.“, „MfG“ oder ein „i.A.“ ist, anstatt die Worte auszuschreiben. Manche Abkürzungen nutzten wir, weil es vom Vorgesetzten vorgeschrieben ist. Andere wiederum, weil man es eilig hat. Am häufigsten werden Abkürzungen in schriftlicher Form genutzt, aber auch beim Sprechen kommen in der heutigen Zeit immer wieder Abkürzungen zum Einsatz. Niemand würde beispielsweise im Baumarkt fragen: „Könnten Sie mir bitte sagen, wo ich den Polyvinylchlorid-Bodenbelag wohl finden mag?“. Es heißt dann eher „Wo ist PVC?“. Beide Sätze vermitteln den selben Inhalt, dennoch werden hier einige Worte weggelassen, die die Aussage nicht beeinflussen. Man merkt direkt, dass der erste Satz eine gewisse Höflichkeit mit sich bringt. Dadurch, dass die Worte „Könnten“ und „bitte“ im zweiten Beispiel-Satz fehlen, wirkt der Satz wesentlich herrischer und befehlender. Ebenso wird im allgemeinen Sprachgebrauch das Wort „Polyvinylchlorid“ überaus selten in ausgeschriebener oder ausgesprochener Form genutzt. Sinnvoll ist also eine Kombination aus dem Ausführlichen und dem Knappen: „Könnten Sie mir bitte sagen, wo ich PVC finde?“.

Fazit

Eine kurze Ausdrucksweise muss nicht schlecht sein. Angemessener Gebrauch von Abkürzungen ist oftmals sinnvoll und angebracht, da man Zeit spart. Beim Sprechen, sowie beim Lesen und Schreiben, schaffen wir mehr. Unsere Gehirne kennen die Bedeutung von Abkürzungen im gleichen Maße wie die Bedeutung von ganzen Wörtern. Aus einem „z.B.“ wird direkt beim Lesen ein „zum Beispiel“. Aus einem gesprochenen „asap“ wird, in manchen Büros beispielsweise, direkt ein „so schnell wie möglich!“ („asap“ = „as soon as possible“). Es hängt oft vom Umfeld ab, welche Abkürzungen gebräuchlich sind.