den Ausbildungsplatz während der Ausbildung wechseln – ein gigantischer Fehler?

„War das alles ein Fehler?“ Diese Gedanken verfolgen mich seit 2 Wochen. 2 Wochen ist es her, das ich meinem Ausbilder eröffnet habe, dass ich den Betrieb wechseln werde. „Ein großer Fehler!“ – das Gespräch mit ihm gesucht habe, ohne eine Zusage zu haben! „Ein Riesen-Fehler!“ Das 2. Vorstellungsgespräch war viel kürzer als angesetzt. Der Betrieb ist meine größte Hoffnung auf Erlösung. Erlösung, aber wovon? Stelle ich mich vielleicht doch nur an? Ist es hier vielleicht gar nicht so schlimm? Was ist mit Firma Roboter GmbH? Das erste Gespräch lief dort doch auch super und sie haben mich zu einem zweiten eingeladen. Hätte ich besser das wahrnehmen sollen statt dem Gespräch bei der Traum-Fabrik? Habe ich mir alle Chancen verbaut? „Ein gigantischer Fehler!“ Das neue Ausbildungsjahr ist nur noch eine Woche hin. Was, wenn ich keinen Betrieb finde. Ich kann nichts mehr tun als abwarten.

Diese Gedanken und noch viele mehr quälten Bibi an einem Freitagmittag. Sie kam gerade vom 2. Vorstellungsgespräch, welches nur die Hälfte der angedachten Zeit beanspruchte. Sie muss noch zu arbeiten, denn noch hatte sie ihre Ausbildungsstelle. Sie ist als Hauptentwicklerin an einem Kundenprojekt eingesetzt worden. Diesem Umstand, und nur diesen, ist es geschuldet, dass sie im Vorfeld ihren Betrieb über ihre Wechsel-Pläne informiert hat. Sie saß allein in dem Großraum-Büro. Die meisten Mitarbeiter sind in der Mittagspause, welche Bibi mit dem Vorstellungsgespräch verbracht hat. Sie schaute auf die Uhr und stellt fest, dass die meisten gleich ihre Pause beenden werden. Sie hatte zu lange diesen Gedanken nachgehangen … Für den Fall, dass sie unerwarteterweise einen anderen Betrieb finden sollte, wird sie nur noch 5 ½ Tage haben das Projekt in einen Zustand zu bringen, in dem sie es übergeben kann.

Plötzlich klingelt das Telefon. Eine unbekannte Nummer. Mit zitternden Händen geht Bibi ans Telefon.

Ich verstehe den Namen nicht, nur die Firma Traum-Fabrik. Traum-Fabrik hat die männliche Stimme gesagt. Wie kann das sein? Das Gespräch war vor einer halben Stunde. Eine Absage. Das sind meine ersten Gedanken. Doch dann Frage der Person am anderen Ende, ob ich nächste Woche Mittwoch Zeit hätte. Ein drittes Gespräch?  Ich wusste, dass die Traum-Fabrik zwei Gespräche führt, warum bei mir 3? Ich schaute in meinen Kalender, welche Termine ich dafür verlegen müsste. „Besser ist’s, wenn du Zeit hast, denn du musst deinen Vertrag unterschreiben.“ Mein Herz fing an zu rasen. Ich blickte wild umher. Es war niemand im Raum. Ich kann nicht mehr sitzen und stehe auf. Mache nicht nur innerlich Luftsprünge und hoffe, dass mein Gesprächspartner es nicht hört.

Die Tür öffnet sich, drei Auszubildende und ein Mitarbeiter kommen in den Raum. Der Auszubildende aus dem 3. Lehrjahr geht mit seiner Zeltlager-Stimme durch den Raum und dirigiert die anderen Auszubildende. Sie sollen Tische versetzen. Bibi räumt hektisch ein Stück Papier und einen Stift raus und versucht gleichseitig den anderen zu signalisieren, ruhiger zu sein: „Ich telefoniere!“ Sie nimmt ihre Sachen, geht in den Nebenraum, um das Gespräch zu Ende zu führen..

Doch kein Fehler …“

Nachtrag

Es ist nun 3 Monate her. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“ Das wurde mir schon als Kind von meinen Eltern erzählt, und so wurde ich gewarnt vor dem Plan, den Ausbildungsplatz zu wechseln. Doch alles muss man auch in einer Ausbildung nicht ertragen. Die Zweifel an meiner Entscheidung sind mittlerweile vollkommen verflogen. „Es sind nur Kleinigkeiten, die mich stören“ – das habe ich mir eingeredet. Oder wurde es mir eingeredet? Mittlerweile, mit mehr Abstand betrachtet, denke ich, es waren keine Kleinigkeiten und noch viel weniger war es ein Fehler zu wechseln.

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