Als Mann im Kreißsaal

Wie fühlt man sich als Mann im Kreißsaal? Ist Man(n) eine Hilfe oder steht man nur im Weg. Ich möchte meine Erfahrung mit euch teilen, wie es ist eine Nacht im Kreißsaal zu verbringen, mit allen Höhen und Tiefen …

Zu mir!

Ich bin Frederik und besuche die BBS Haarentor in Oldenburg. Ich bin 27 Jahre alt und bin am 11.04.2019 um 5:17 Uhr Vater geworden. Zurzeit mache ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung.

Geht es los oder sind das noch Senkwehen?

In der Nacht vom 10.04.2019 auf dem 11.04.2019 weckte mich meine Freundin um 1 Uhr nachts. Sie sagte: „Ich glaub, es geht los, ich habe furchtbare Schmerzen“ ich erwiderte darauf noch schlaftrunken:“Bist du dir sicher?“ Wir waren uns nicht sicher, aber die Abstände zwischen den Wehen wurden kürzer. Meine Freundin konnte auch nicht mehr reden, sobald eine Wehe kam. Um sicher zu gehen, dass wir jetzt nicht umsonst ins Krankenhaus fahren, haben wir dort angerufen und mit der Hebamme gesprochen.

Glück für meine Freundin, die Hebamme, die Dienst hatte, kannten wir bereits aus dem Geburtsvorbeitungskurs.

Nun ja, zurück zum Thema: Sie hat uns geraten zu kommen. Es klinge sehr danach, dass es endlich losgeht. Die Schwangerschaft geht dem Ende zu, ein neues Kapitel in unserem Leben sollte nun starten. Bis dahin war ich noch ganz ruhig, gar nicht nervös. Meine Freundin kämpfte mit den Schmerzen, aber dafür war sie ziemlich entspannt. Nach dem Telefonat mit der Hebamme habe ich ein Taxi gerufen. Meine Freundin hat die letzten Sachen in die Kliniktasche gepackt und sich fertiggemacht. Da fiel mir ein, dass ich noch immer müde war, und ich kochte noch schnell einen Kaffee für unterwegs. Kurze Zeit später war auch das Taxi da und wir fuhren los.

Wir sind im Krankenhaus

Ich schickte meine Freundin schon mal vor zum Kreißsaal, während ich das Taxi bezahlte und den großen Koffer aus dem Kofferraum holte. Langsam wurde es ernst, fühlte mich dennoch gar nicht angespannt oder nervös. Keine Ahnung, vielleicht hatte ich auch keine Zeit, um etwas zu fühlen.

Haupteingang geschlossen und wo ist meine Freundin?

Meine Freundin war weg und auf WhatsApp keine Antwort. „Und nun?“, dachte ich und anschließend „Versuch es doch mal bei der Notaufnahme“. Ich nahm meine Beine in die Hand und den großen Koffer unter den Arm und lief los. Einmal um das Evangelische Krankenhaus herum, denn die Notaufnahme ist genau auf der anderen Seite vom Haupteingang. Dort angekommen, fragte ich bei der Anmeldung nach, ob sie meine Freundin gesehen hätten. Gott sei Dank sagten sie „JA“, sie hatten sie zum Kreißsaal geschickt. Innerlich fragte ich mich, wieso sie alleine los geschickt wurde, aber nun gut, ich machte mich auch auf den Weg zum Kreißsaal. 2. Etage links und dann nochmal links. Den Weg werde ich nicht so schnell vergessen.

Im Kreißsaal angekommen und meine Freundin ist nicht da!

Als ich den Taster drückte, der die Tür zum Kreißsaal öffnete, kam mir die Hebamme, die wir aus dem Kurs bereits kannten, schon entgegen. Ich fragte, ob meine Freundin schon drin sei. Darauf antwortete die Hebamme „Nein“. Kleiner Schockmoment. Ich schaute auf mein Handy, vielleicht hatte sie mir ja geschrieben, da war aber nichts. Also ging ich mal auf die Suche. Als ich loslief, fragte ich mich, wo sie stecken könnte. Da ging plötzlich die Tür vor mir auf und sie stand da. Nun konnte es losgehen. Wir liefen beide zum Kreißsaal, dort angekommen, übernahm die Hebamme. Ich zog den Koffer hinter mir her. Meine Freundin wurde sofort ans CTG angeschlossen. Diese Maschine zeigt die Wehen an und wie intensiv diese ausfallen, zudem auch die Herztöne der Kleinen, wenn sie nicht gerade ungünstig liegt.

Es gibt ein Problem

Nachdem wir gebannt auf das CTG geschaut haben, stellte sich ein Problem heraus. Die Hebamme bemerkte, dass die Herzfrequenz rapide abnahm, sobald eine Wehe kam. Was nun?! Meine Freundin wurde sofort verlegt, vom Aufnahmezimmer in den Kreißsaal. Im Kreißsaal angekommen, ging es auch ganz schnell. Eine Ärztin und eine Chirurgin wurden hinzugezogen. Ich stellte mir in dem Moment die Frage, was ich tun könnte. Gefühlt gar nichts, selbst die Hebamme war jetzt an der Außenlinie. Jetzt kam der Moment, der nichts für schwache Nerven ist, der nicht leicht anzuschauen und der bestimmt auch verdammt schmerzhaft ist. Die Fruchtblase wurde gesprengt, heißt so viel wie „Sie wurde aufgeschnitten mit einer Rasierklinge“. Sie mussten der Kleinen Blut entnehmen, während sie noch im Bauch ist.

Das geht leider nur, indem man die Kopfhaut mit einer Klinge anritzt und die Tropfen mit einem Glasröhrchen aufnimmt. Leider sind die Wehen bei dieser Prozedur keine große Hilfe, die kamen jetzt mittlerweile im 30-Sekunden-Takt. Das dauerte lange, bis genug Blut von der Kleinen vorhanden war, um die Sauerstoffsättigung zu überprüfen.

Kaiserschnitt oder nicht?!

Nach dem Ergebnis des Bluttestes entschieden die Ärzte und die Hebamme es auf den natürlichen Weg zu versuchen, unter der Bedingung, dass es schnell geht. Die Herzfrequenz machte dem Team immer noch Sorge, aber bisher war die Sauerstoffsättigung noch gut. Ich fühlte mich in dem Moment ziemlich machtlos und das Geburtsteam übernahm fürs erste die Kontrolle. Meine Freundin kämpfte mit Schmerzen und reden ging gar nicht mehr, Händchenhalten genau so wenig, denn dann wäre meine Hand ein Scherbenhaufen.

Mit jeder Wehe kam die Kleine näher an die Freiheit. So gegen halb Vier entspannte sich die Lage ein bisschen, ich konnte helfen, anstatt nur gut zuzureden. Es musste nach wie vor noch schnell gehen, aber meine Freundin hat das gut gemacht und die Kleine auch, Wehe für Wehe kamen sie dem Ziel näher. Die Schmerzen wurden langsam unerträglich für sie, was man an der Lautstärke der Schreie merkte, sie forderte eine PDA.  Die Hebamme und ich mussten ihr klar machen, dass es dafür zu spät sei, konnten ihr aber auch sagen, dass sie es fast geschafft hatte, dass zwei Drittel der Geburt vorüber waren und sie kurz vor der letzten Phase sei. Der Kopf ist bald da, man kann ihn schon sehen. Als ich das gesehen habe, musste ich erst mal schlucken, das sieht verdammt schmerzhaft aus.

Die letzten Minuten

Zum Ende wurde es nochmal stressig, es war ungefähr um halb fünf, die Herzfrequenz konnte nicht mehr gemessen werden. Der Kopf war halb geboren und der Oberkörper war in einer Position, wo die Herzfrequenz nicht mehr gemessen werden konnte. Damit es schneller geht, wurde noch ein Dammschnitt vorgenommen, davor wollte ich sie eigentlich bewahren, aber ging in diesem Moment nicht anders. 2- 3 Wehen später war unsere Tochter auf der Welt.

Um 5 Uhr 17 war unsere Tochter geboren, mit einem Gewicht von 2838g. Auf der Welt, aber noch nicht sicher, ob alles gut gegangen war. Die Nabelschnur wurde noch nicht getrennt, erst mal Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung messen. Alles gut, Erleichterung, die Nabelschnur wurde durchtrennt und jetzt sollte sie atmen, aber nein, sie tut sich schwer damit. Die Hebamme unterstützt mit einer Sauerstoffmaske und man hörte, die Kleine Schreit das erste Mal. Da war es noch süß, in der Zukunft wurde es anstrengend, da unsere Tochter ein „Schrei-Baby“ war. Als sie auf der Welt und alles gut war, ging ich erst mal raus, um zu rauchen.  Während ich dort draußen stand, schossen mir die Eindrücke von der Geburt durch den Kopf und mir wurde langsam klar, dass ich jetzt wirklich Vater bin. Zum einen freute ich mich, aber dachte auch, dass jetzt eine große Aufgabe auf uns zukommen würde.

Nabelschnur durchschneiden und die erste Untersuchung

Als ich wieder bei meiner Freundin war, sagte mir die Hebamme, dass ich die Nachgeburt verpasst hatte, ich dachte mir nur „Puh, zum Glück“. Ich hatte nämlich jetzt nicht so das Interesse das zu sehen, schon im Vorbereitungskurs war das Thema nicht sehr lecker. Die Hebamme findet das Thema sehr interessant und zeigt das gerne auch mit vollem Elan. Nun ja, die Hebamme zeigte und erklärte meiner Freundin die Nachgeburt sehr genau. Danach versorgten die Ärzte die Blessuren der Geburt und ich hielt unsere Tochter das erste Mal auf dem Arm.

Das war ein schönes Gefühl, die Kleine zu sehen und zu halten. Danach fragte die Krankenschwester mich, ob ich die Nabelschnur kürzen möchte, zögerlich sagte ich ja. Das Gefühl, wenn man die Nabelschnur durchschneidet, ist so, als wenn man einen Gummischlauch durchschneidet. Danach haben wir die Kleine sauber gemacht, dann wurde sie gewogen und gewickelt. Nach der ganzen Prozedur bekam die Kleine auch schon Hunger. So gegen 8:30 Uhr ging ich zur Arbeit, die nicht weit vom Krankenhaus entfernt ist und überbrachte die frohe Botschaft. Nachdem die Kollegen Bescheid wussten, ging ich nach Hause und legte mich erst mal schlafen.

 

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