Memoiren aus dem Online-Unterricht
„Studie: Konrad-Adenauer-Stiftung – Ein Drittel hat Hang zu Verschwörungstheorien“
Na gut. Wird ja wohl an Corona liegen. Kann man ja verstehen, wenn viele Leute bei einem so komplexen Thema sich einfache Erklärungen suchen.
„Dieser Anteil ist mit knapp einem Drittel der Bevölkerung bemerkenswert und scheint unabhängig zu sein von den jüngsten Entwicklungen rund um das SARS-CoV-2-Virus.“
Wie bitte? Wieso das denn?
Mal gucken. V-e-r-s-c-h-w-ö-ENTER. Da ist es ja: Verschwörungstheorien. Scrollen-Scrollen-Scrollen. Langweilig. Ich sollte mich mal ablenken.
Irgendwie hab ich Hunger. Sollte ich mir jetzt was machen? Was ist überhaupt da? Oder ist das ganze zu anstrengend.
*Schnief* Irgendwie stink ich auch n bisschen. Duschen gehen könnte ich auch mal, aber wozu denn überhaupt?
-„<Platzhalter für meinen echten Namen>?“ -„Ja, Moin.“
Puh, da ging der Puls schon mal wieder ungewohnt in die Höhe. Naja, jetzt könnte ich mir auch was zu essen machen, oder ich geh mir erstmal mein Nikotin zuführen. Aber aufstehen ist auch so anstrengend. Ok, jede noch übrige Kraft des Körpers muss jetzt genutzt werden. Uuuund – Tadaaaa. Tobender Applaus. Zumindest in meinem Kopf.
Die Sonne scheint heute. Mal gucken, wie es draußen ist. Oh, die Luft ist richtig gut. Ich mein, es ist jetzt nicht wirklich draußen, aber der vier Quadratmeter große Balkon, den ich liebevoll Balkongo nenne. Ist ja auch fast das gleiche: Ich seh Bäume, n paar Menschen und manchmal auch ein Eichhörnchen. So fühlt sich draußen sein doch an, oder? Also, selbst kann ich mir das nicht beantworten.
Wo ist denn jetzt mein Feuerzeug? Ah, da hab ich’s ja gefunden. So, jetzt ist die Luft noch mal besser. Wie heißt es so schön? Der Weg zum Herzen muss geteert sein? Bei dem Gedanken wird mir übel. Ich glaub, ich drück die Kippe aus. Warum tu ich mir sowas eigentlich an? Jetzt wär ja vielleicht sogar die beste Zeit aufzuhören. Keine Leute, keine Partys, einfach gar nichts, was extern meine Sucht triggern könnte. Brauch ich aber auch nicht. Die trigger ich schon selbst oft genug.
Ok, ich muss mich mal ablenken.
Was sagt denn Social Media? Twitter. Swipe-Swipe-Swipe. Einfach nur Leute, die sich aufregen. Gar nicht mein Vibe gerade.
Na gut. Instagram. Swipe-Swipe-Swipe. Wie kann man nur so unnatürlich stehen? Swipe-Swipe. Das ist doch einfach nur gefaked, von vorne bis hinten. Swipe. Der trifft sich doch nicht echt mit Leuten momentan, oder? BOAH. Wie kann man nur so verantwortungslos sein? Egal, ich sollte mich ablenken, vielleicht auch das Handy weglegen. Social Media soll ja sowieso unglücklich machen.
Witzig. Da ist gerade jemand Einrad gefahren auf dem Weg und das ziemlich schnell. Ich könnte das nicht. Ich bräuchte das auch nicht können, also ist es ja auch egal. Vielleicht sollte ich mal wieder reingehen und mir etwas zu essen machen? Oder vielleicht n bisschen Youtube oder GTA? Naja, mal schauen. Wieso muss Bewegung nur so anstrengend sein?
So, jetzt mal schauen, ob’s neuen Content gibt: Hmmmm, Pokemon Pack-Openings, Reactions, Verschwörungstheoretiker-Dokus, wieder was übers Gendern. Oha, geil: „1600hp Supra Monster“ Wie gerne hätte ich so ein Auto. Ok. Mal gucken. Mobile.de. Teuer – Teuer – Teuer. Kann ich mir doch eh nicht leisten. Vielleicht sollte ich mich mit irgendwas ablenken.
Essen, das muss es sein. Ich hab noch Eis, wie geil. Aber dann müsste ich auch in die Küche gehen. Wenn ich jetzt so länger drüber nachdenke, ist Eis doch nicht so geil. Macht mich ja auch nur fetter als ich ohnehin schon bin. Seit dem ersten Lockdown 10 Kilo zugenommen, ich fühl mich richtig ekelig. Ich muss mich ablenken. Was sagt eigentlich die Uhr?
Oh, es ist ja schon ziemlich spät. Ich hör mal rein:
„… und damit wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende. Bis zur nächsten Blockwoche.“ – „Tschau“ – „Ebenso“ – „Tschüss“ – „Schönes Wochenende“
Und aufgelegt. Hmmm. Jetzt hab ich frei. Aber was bringt das schon? Ich denk wieder zu negativ.
Wenn ich mich doch nur ablenken könnte.