Ein steiniger Weg zur Umschulung

Steiniger Weg

Wenn die Bandscheibe knackt

Als ich mit meinen damaligen 23 Jahren erfuhr, dass ich einen Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule habe, bin ich im ersten Moment aus allen Wolken gefallen. Ich war doch noch jung und solche Probleme haben doch nur ältere, dachte ich. Außerdem hatte ich doch gerade erst meinen Meisterbrief im Maschinenbau gemacht. Als sich auch nach einem Jahr Physiotherapie, Sport und haufenweise Schmerztabletten die Situation nicht verändert hatte, wurde mir geraten mich operieren zu lassen. Also mit 24 unters Messer und die Bandscheibe operieren lassen.

Soweit war danach auch alles gut, bis knapp 10 Jahre später der Schmerz wieder auftauchte. Diagnose der Wirbel über dem operierten zeigt ebenfalls starken Verschleiß. Der Rat des Arztes war eindeutig: „Wechseln Sie Ihren Beruf, sonst können Sie auf die nächste Operation warten“

Nun steht man da, 34 Jahre alt, mitten im Leben, gutes Einkommen, eigene Wohnung und auf einmal soll man seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben? Viele denken wahrscheinlich, warum nicht als Meister arbeiten? Das ist im Maschinenbau, vor allem im Handwerk aber nicht so einfach, da es kaum Stellen gibt oder aber ein Nachfolger für einen Betrieb gesucht wird. Und die Selbstständigkeit war für mich keine Option.

Mein „Glück“ war in dem Moment, dass ich schon länger in meinem ausgeübten Beruf unglücklich war und sowieso lieber etwas anderes gemacht hätte. Aber aus finanziellen Gründen hatte ich immer Angst vor so einer massiven Änderung. Nun, da mir aber ja aus medizinischer Sicht kaum eine andere Wahl blieb, informierte ich mich über das Thema Umschulung. Schnell wusste ich, dass ich diesen Weg gehen möchte, da man so auf jeden Fall finanziell abgesichert ist und nicht auf einmal wieder mit einem Azubi Gehalt seinen Lebensunterhalt bestreiten muss.

Was nun?

Da meine Interessen schon in früher Jugend immer in Richtung Computer gingen, konnte ich mir gut vorstellen auch beruflich etwas in dieser Richtung zu machen. Nach kurzer Recherche standen für mich die Umschulung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung oder zum Fachinformatiker für Systemintegration zur Wahl. Beide Bereiche fand ich spannend und somit entschied ich mich eine Umschulung zu beantragen. Also erst einmal herausfinden, wer für mich zuständig ist. Die Arbeitsagentur fiel direkt raus, da mein Beruf auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt war. Demzufolge würden sie meine Umschulung nicht bewilligen. Aber da mein Bandscheibenproblem eine typische Arbeitserkrankung ist, erfuhr ich, dass die Rentenversicherung mein Ansprechpartner ist. Damit ging der „Spaß“ los.

Behördenirrsinn

Papierstapel
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Es ist unvorstellbar, wie viele Unterlagen, Anträge und Dokumente man besorgen und ausfüllen muss. Ich brauchte Bestätigungen von meinen Ärzten, dass ich auch wirklich etwas habe, bzw. dass die Umschulung wirklich empfohlen wird und nicht einfach nur der Wunsch vorliegt den Beruf zu wechseln. Dann kamen noch etliche Seiten an Formularen in völlig unverständlichem Behördendeutsch dazu. Das hatte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet. Aber irgendwann hatte ich den Papierkram dann erledigt und der Antrag ging per Einschreiben zur Rentenversicherung.

Ein paar Wochen später hielt ich einen Brief von der Rentenversicherung in den Händen und verstand die Welt nicht mehr. Die Rentenversicherung hatte die Umschulung abgelehnt. Es hieß doch von verschiedenen Stellen, ich solle eine Umschulung machen, damit sich die Situation mit der Bandscheibe nicht verschlimmert. Und jetzt lehnt die einzige infrage kommende Behörde diese ab?

Als Ersatz für die Umschulung wurde mir ein dreiwöchiger Reha-Aufenthalt angeboten. Aus purer Enttäuschung hätte ich diesen am liebsten direkt abgesagt, meine Freundin hat mir aber zum Glück davon abgeraten. Könnte ja nicht schaden.. Gesagt getan, war ich dann 3 Wochen in Bad Wildungen in der Reha. Corona bedingt fanden leider nicht viele Kurse statt, aber so konnte man wenigstens mal etwas abschalten. Gegen Ende der Reha kam dann der entscheidende Wendepunkt. Ich hatte ein Abschlussgespräch mit einem zur Rentenversicherung gehörenden Arzt, der mich nochmal ausgiebig untersucht und auch meine Akte in Ruhe angesehen hatte. Am Ende des Gesprächs schaut er mich an und fragt: „Und Ihre Umschulung wurde abgelehnt? Das kann doch nicht sein. Ich werde mich kümmern.“

Doch noch ein Happy End

2 Wochen nachdem ich wieder zu Hause war, bekam ich Post von der Rentenversicherung mit der Bewilligung einer Umschulung. Zum Glück bin ich doch noch zu der Reha gefahren…

Der restliche Weg in die Umschulung war relativ unspektakulär. Ich habe 2 Praktika gemacht, eines als Systemintegrator und eines als Anwendungsentwickler. Da meine Tendenz von Anfang an zur Anwendungsentwicklung ging und mir dieser Beruf auch mehr Spaß gemacht hat, habe ich mich natürlich für diese Fachrichtung entschieden.

Nach etlichen Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen bekam ich dann irgendwann eine Zusage und konnte im August 2022 meine Umschulung beginnen.

Mein Fazit nach diesem „Hürdenlauf“. Ich würde es auf jeden Fall noch einmal genauso machen und kann nur jedem raten, sich nicht entmutigen zu lassen.

 

Infos über Umschulungen bei der Rentenversicherung: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Berufliche-Reha/berufliche-reha.html

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