Baraka – Die Welt in atemberaubenden Bildern

Der Film

Eine Dokumentation ohne Handlung, Dialoge oder Sprecher, dafür aber mit atemberaubenden Bildern ist der 1992 erschienene Film Baraka von Ron Fricke. Der amerikanische Kameramann zeigt uns die Welt, wie wir sie so noch nicht gesehen haben. Gedreht in 24 Ländern, ist der Film eine Zusammenstellung von Szenen über die verschiedensten Menschen und die Natur auf unserem Heimatplaneten.

Inhalte & Techniken

Begonnen mit Bildern über die Rituale der Religionen der Welt, sehen wir Naturvölker, die fern der Zivilisation leben, anschließend Aufnahmen von Bergen, Vulkanen und Stränden. Im Kontrast dazu fängt Fricke jedoch auch das schnelllebige Treiben in Metropolen oder die Fließbandarbeit in Fabriken ein. Dabei beschränkt sich der Film jedoch nicht nur auf die positiven Seiten unserer Spezies. Armut, Massentierhaltung und Umweltverschmutzung finden ebenso Aufmerksamkeit.

Besonders Frickes immer wiederkehrenden Zeitrafferaufnahmen wissen zu begeistern. Wolken, die wie das Wasser eines Flusses durch ein Tal gleiten, tausende Menschen, die sich zur Rush Hour durch die Drehkreuze einer U-Bahn zwängen, oder der Sternenhimmel, der in der Nacht an uns vorüberzieht und uns deutlich macht, wie winzig wir in diesem Universum eigentlich sind. Das mag einem vielleicht nicht allzu innovativ erscheinen, doch in dieser Präzision und Perfektion ist Vergleichbares nur schwer zu finden.

Anders als die Zeitrafferaufnahmen, die uns in ihrer Schnelligkeit – und meistens im Panorama gedreht – einen Eindruck vom großen Ganzen geben, zeigt Baraka auch Detail- und Zeitlupenaufnahmen, welche den Zuschauer nah an die verschiedensten Prozesse heranholen. In Großaufnahmen sehen wir, wie Frauen in einer Fabrik Zigaretten drehen oder in verlangsamten Bildern Männer, die einen Ofen befeuern.

Ein wiederkehrendes Element sind außerdem die Aufnahmen ein oder mehrerer Personen, welche emotionslos für einige Sekunden in die Kamera blicken. Das können Soldaten, Kinder aus einem afrikanischen Dorf oder auch junge Frauen in einer U-Bahn sein. Diese Aufnahmen zwingen den Zuschauer, den Personen direkt in die Augen zu schauen und konfrontieren ihn dabei mit den verschiedensten Menschen, unter welch komplett anderen Umständen sie auch in dieser Welt leben mögen.

Gekrönt werden die Bilder von einem mitreißenden Soundtrack, welcher in jeder Szene auf seine eigene Weise zu fesseln weiß. Da sehen wir sich in Zeitraffer bewegende Maschinen, die im Takt der Musik zu arbeiten scheinen, Küken, die in einer Fabrik zu einem tänzelnden Glockenspiel von einem Fließband auf das nächste fallen oder, von mystischen Klängen untermalt, die Terrakotta-Armee in China und andere Ruinen aus längst vergessenen Zeiten. Hinzu kommen geniale Ideen im Sounddesign. So ist zum Beispiel ein Blasebalg zu hören, der im Takt der Ampelphasen auf einer New Yorker Straße den Verkehr durch die Hochhausschluchten zu pusten scheint.

Wirkung

Baraka ist der Beweis für die Wahrheit der Phrase „Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“. Die Flut an beeindruckenden Aufnahmen, die während des Films auf einen niederprasselt, wäre demnach nicht mit Millionen von Wörtern zu beschreiben. Auch wenn es sich um eine Dokumentation handelt, zeigen die visuellen Eindrücke, gepaart mit der ergreifenden Musik, wozu das Medium Film in der Lage ist, und kommen in diesem Film ganz besonders als Retrospektive auf das Sein und Tun des Menschen zum Einsatz.

Zwischendurch kommt es einem vor, als sei dieser Film ein Werk, welches man außerirdischen Wesen zeigen würde, um ihnen das Treiben auf der Erde näherzubringen. Er hätte ohne Weiteres die Berechtigung auf einen Platz auf den goldenen Schallplatten, die einst die Voyager-Sonden mit sich ins All trugen.

Doch blickt man am Ende auf das Gesehene zurück, begreift man, dass diese Zusammenstellung an Bildern natürlich keineswegs etwas ist, das uns und unseren Planeten auch nur annähernd gut genug beschreiben könnte. Denn die auf 70-Millimeter-Film eingefangenen Bildern können uns in den etwa eineinhalb Stunden Lauflänge nun mal nicht alles zeigen, was unsere Welt ausmacht. Zudem sehen wir oft nur Dinge, die für uns, die wir in der westlichen Welt leben, etwas Fremdes an sich haben oder einfach beeindruckend aussehen. Kritiker mögen behaupten, es fehle dem Film an Vielem, das er uns nicht zeigt. Und damit hätten sie recht. Doch Baraka ist dennoch eine atemberaubende Reise um unseren Planeten, der vielleicht auch die Sichtweise des ein oder anderen Zuschauers auf diesen verändern mag.

PS

Im Jahr 2011 veröffentlichte Fricke den Film Samsara, dessen Idee ähnlich der von Baraka ist. Als eine Art zweiter Teil zeigt Samsara knapp 20 Jahre später mehr von dem, was auch Baraka so eindrucksvoll machte.